Ausstellung 13

Ausstellungseröffnung als Kunsterlebnis

„Norddeutsche Realisten“ und „Achtern Diek“ beeindrucken auf besondere Art

Das Kunsthaus St. Peter-Ording ist eine Anlaufadresse geworden, die immer wieder neu zu überraschen versteht.* Jetzt war es die Eröffnung der 13. gemeinsamen Ausstellung von Galerie Tobien und Kunstsammlung St. Peter-Ording.

Zu den vielen bekannten Gesichtern fand sich wieder einmal eine große Anzahl Interessierter ein. Der Kreis derer, die den Einladungen zu den Ausstellungen folgen, scheint dabei immer größer zu werden.

In der Galerie Tobien ist eine repräsentative Auswahl der Norddeutschen Realisten zu sehen. Der Kunsthistoriker Dr. Thomas Gädeke und ehem. Leiter der grafischen Sammlung Schloss Gottorf führte in diese Ausstellung ein.

Gezeigt werden Werke von Friedel Anderson, Frauke Gloyer, Meike Lipp und Ulf Petermann und 

natürlich Nikolaus Störtenbecker, dem Begründer der Künstlergruppe. Bilder von Tobias Duwe, Mathias Meinel, Hanna Petermann, Till Warwas und Corinna Weiner vertreten dazu die jüngere Generation.

Georg Panskus, der Kurator für die Kunstsammlung der Gemeinde, eröffnete im zweiten Raum hinter der stets geöffneten Doppeltür die Ausstellung „Eiderstedt - achtern Diek“.

Gezeigt werden Arbeiten von Dieter Staacken, Erich Duggen, Max Höppner, Ursula Schultz-Spenner und weiteren Künstlern der Kunstsammlung. Alle in ihr vertretenen Kunstschaffenden haben eine Beziehung zu Eiderstedt, indem sie hier leben und wirken bzw. das so gewesen ist. So ist die Sammlung angelegt bzw. entstanden. Das ist für eine Kommunalgemeinde wohl einmalig.

Wenn auch der Platz in beiden Ausstellungsräumen nicht gerade reichlich vorhanden ist, so ist die Anordnung der möglichen Stellwände und vor allem die Hängung der Bildwerke eine Augenweide. Die Bilder werden ins richtige Licht gesetzt. 

Das fällt erneut auf und wurde gerade auch von anwesenden Künstlerinnen und Künstlern wie Ursula Schultz-Spenner, Dieter Staacken und Max Höppner anerkennend zum Ausdruck gebracht. Eine solche Stimmigkeit macht Ausstellung aus und die ist im Kunsthaus St. Peter-Ording gegeben.

Georg und Ursula Panskus machen das in jahrelang geübter Teamarbeit, beginnend mit der Auswahl und Zusammenstellung der Bilder sowie deren Hängung, dazu dann der Gestaltung der Plakate mit den zugehörigen Texten. Den Vortrag macht er, der selbst mit viel Feinsinn malt und weiß, was es heißt, Kunstschaffende rechtschaffen zu würdigen. 

 

 

Bewusst haben beide für die 13. Ausstellung den Blick „achtern Diek“, vom Deich in die Eiderstedter Landschaft gewählt: „Achtern Diek is man op Eiderstedt tohuus.“ – Das ist nicht nur Wissen, das ist auch Gefühl. So rücken sie mit den Bildern „die Frage nach der Identität, die Frage nach dem, was Heimat, was Zuhause ausmacht und ausmachen kann“, in den Blick.

In seiner Rede zitiert Georg Panskus dazu den Literaten Uwe Herms (1937-2023). Dieser schreibt in seinem Buch „Im Land zwischen den Meeren“ über Eiderstedt: „Wenn ich ehrlich sein soll: Zu sehen gibt es vor meiner Haustür beinahe gar nichts.“ 

Was es aber auf Eiderstedt eben doch alles zu sehen gibt, vermitteln jetzt die Bilder der Ausstellung: Den „glotzenden Ochsen“ auf dem einen Bild von Dieter Staacken. Aber die beiden Schafe und die flache Landschaft werden dabei auch nicht vergessen! Oder die beiden „Blicke auf Wasserkoog“ von Ursula Schultz-Spenner bzw. die drei Aquarelle von Max Höppner mit der Kirche von Uelvesbüll und den beiden Reetdachhäusern von Westerhever bzw. vom Herrendeich. Und wie unterschiedlich Hein Hoop Haubarge sehen konnte, erfährt der Besucher ebenso.

Zuvor hatte Dr. Thomas Gädeke in die Ausstellung im Raum der Galerie eingeführt, ausgehend von der Entstehung der Gruppe der „Norddeutschen Realisten“ um Nikolaus Störtenbecker (1940-2022). Dieser war anlässlich des Treffens einer Gruppe von Kunststudenten um den Künstler Manfred Bluth (Berlin, 1926-2002) dazugestoßen und wurde einer der führenden Köpfe der Norddeutschen Realisten, einer losen Malervereinigung. 

Gemalt wird vor Ort. Realismus sei aber nicht als etwas „genau Abgezirkeltes“ zu sehen. „Die Künstler verwandeln das Motiv in ihre Handschrift und versehen es, ihrem Temperament gemäß, mit einem Zauber.“ So etwa formulierte es Thomas Gädeke, der die Malweise in den zeitlichen Bezug stellte, die heutigen Gegebenheiten mit dem notwendigen Blick der Achtsamkeit gegenüber der Natur zu betrachten. Die Künstler verschafften uns mit ihren Bildern eine „verdichtete Naturbegegnung“, die unser Leben als „Kraftquelle“ zu begleiten vermag.

Annemieke Heinze, Leiterin der Filiale der Galerie Tobien in St. Peter Ording, zeichnete hier mit ihrer glücklichen Hand für die Hängung verantwortlich. 

 

Bevor der Gast der beiden präsentierten Ausstellungen das Kunsthaus in der Wittendüner Geest dann verlässt, möge er doch dem Eingangsbild von Mathias Meinel noch einmal einen längeren Augenblick gönnen. Der Kreis von den „Norddeutschen Realisten“ zu „Eiderstedt – achtern Diek“ schließt sich.

Bis zum 7. April 2024 ist die 13. Kunstausstellung zu den Öffnungszeiten der Galerie Tobien im Kunsthaus SPO zu sehen.

 

* HINTERGRUND

Im Dezember 2016 war die Gemeindevertretung noch sehr vorsichtig bei ihrer Zustimmung gewesen, diese Kooperation Wirklichkeit werden zu lassen. Fast prophetisch hatte der damalige Bürgermeister Rainer Balsmeier diese Möglichkeit „als Glücksfall für St. Peter-Ording“ bezeichnet. Heute ist diese Prophezeiung offenkundige Realität. Bereits im Frühjahr 2018 konnte das Kunsthaus mit der ersten Ausstellungseröffnung starten.

Siehe unter www.jb-spo.de 

2016    Dez      Gemeindevertretung brachte alles auf den Weg

2018     April     Kunsthaus Wittendün feierlich eröffnet! - Galerie Tobien und die Kunstsammlung der Gemeinde St. Peter-Ording stellten sich vor

 

Hans Jörg Rickert, 02. Oktober 2023, jb-spo