Die schleswig-holsteinische Westküste wurde als besonders erholsame Landschaft Ende des 19. Jahrhunderts wahrgenommen, 1855 Seebad auf Sylt, 1877 Seebad Ording und St. Peter.
Die Maler entdeckten die Landschaften, die Eigenheiten der Gebräuche der zumeist noch auf dem Land lebenden größtenteils armen Bevölkerung. Sie malten deren Arbeitswelten als Fischer, Bauern, Industriearbeiter, Handwerker, Heimwerker.
Europaweit, ausgehend von Frankreich in den 1850iger und nachfolgenden Jahren malten und lebten die Künstler in sogenannten Künstlerkolonien zusammen und verschrieben sich großen Teils der Freiluftmalerei.
[1] Während sich verschiedene Maler schon Ende des 19. Jahrhunderts den Halligen und Inseln zuwandten, kamen erst in den 19hundertzwanziger Jahren Maler wie Albert Johannsen aus Husum, Willi Graba aus Heide oder Ingwer Paulsen aus Halebüll nach St. Peter und stellten hier ihre Staffeleien auf.
Der junge Friedrich Karl Gotsch (1900-1984) aus Kiel entdeckt zur gleichen Zeit St. Peter-Ording. Als Meisterschüler bei Oskar Kokoschka (1886-1980) in Dresden kommen er und Studienkollegen für kurze Aufenthalte nach St. Peter, obwohl sie zu der Zeit sowohl in New York, in Paris und danach in München und Berlin arbeiteten. Nicht nur Maler, auch Graphiker, damals schon berühmte Buchkünstler, Musiker, Sänger Schauspieler, Schriftsteller trafen sich hier.
Gotsch dazu (1969): „Damals wurde für uns Maler, Literaten, Musiker St. Peter-Ording geradezu ein zweites Worpswede. Wir Maler waren allenthalben hinter unseren Staffeleien zu sehen, und der damals noch bestehende tiefe Friede, die völlige Ungestörtheit gaben uns allen die notwendigen Voraussetzungen zum Schaffen.“
Im Kurhaus gab es einen „Künstlerstammtisch“, auch Künstlerfeste wurden gefeiert. In den dreißiger Jahren wurde der Stammtisch durch Musiker und Schauspieler erweitert, die teilweise im Sanatorium Goldene Schlüssel weilten.
Nun war es damals nicht so schwer, sich im Ort zu treffen. Viele Pensionen oder Hotels gab es noch nicht. So sprach sich schnell herum, wo ein Künstler wohnte. Wenn man sich nicht schon in den Dünen oder am Strand beim Malen traf, dann spätestens abends im Kur- oder Strandhotel.
Einige Namen:
Graphiker Prof. Tiemann, Buchgraphiker Prof. Wiemeler, Sänger Fjodor Schaljapin, Schriftsteller Alfred Döblin, Malerin und Schülerin von Kokoschka Prof. Hilde Goldschmidt, Kunsthändler aus Dresden Hugo Erfurth, Malerin Käte Siebel, Maler Alf Backmann aus München, Hugo Körte, Maler und Schüler von Kokoschka Hans Meyboden, Karl Hofer, später Direktor der Berliner Hochschule für Bildende Künste, Inge Egholm, Schauspieler Bernhard Minetti, Schauspielerin Sybille Schmitz, Erika und Klaus Mann, 1928 Heinrich Vogeler. Aus der Schweiz Sonja Falk. Béatrice du Vinage seit 1934, seit 1942 in Böhl ansässig, später Stockholm, Fritz Kronenberg aus Hamburg, kehrten immer wieder zurück, wie auch weitere schleswig-holsteinische Künstler:Leonore Vespermann, Annemarie Ewertsen, Hans Rickers und Friedrich Griese.
Auch der Maler und Kunsterzieher Erich Duggen fand in den dreißiger Jahren seinen Weg nach St. Peter und wurde hier sesshaft.
Das Haus Maren (Buchhandlung Tewes im Bad) war damals ebenfalls ein Treffpunkt der Künstler.
Naziherrschaft und der zweite Weltkrieg bereitete Vielem ein Ende.
Das Atelier von Friedrich Karl Gotsch in Berlin wurde im Krieg zerstört. Er kam nach St. Peter und wurde hier sesshaft. „Der Baukreis“, eine Werkstättengemeinschaft und Lehranstalt für alle Künste wurde kurz nach dem Krieg in Hamburg gegründet und eine Zweigstelle leitete Gotsch in St. Peter, ein reges künstlerisches Zentrum entstand. Er hielt auch Vorträge über moderne Kunst in der Volkshochschule. Gotsch bemalte u.a eine Wand in der Dorfschule/Groot School (-aufgelöst 1952– leider ist die bemalte Wand zerstört worden). Heute steht dort das ev. Gemeindehaus. Erster Leiter des Heimatmuseum nach 1945 war Gotsch – er überzeugte die Besitzerin Frau Jensen, das alte Haus dem Heimatmuseum zu schenken – das Heimatmuseum in Tönning wurde nach seiner Meinung stiefmütterlich behandelt und war zu beengt. Die Baukreis-Architekten Gustav Burmeester und Gustav Strohmeyer lieferten kostenlos die Bauzeichnungen für den Umbau.
Die kulturellen Aktivitäten nach dem Krieg waren im Ort vielfältig. Um Professor Warner, der später noch an der Pädagogischen Hochschule in Flensburg unterrichtete, bildete sich zum Beispiel ein Musikkreis. Er gründete einen gemischten Chor, zu dem „auch Flüchtlinge“ eingeladen waren.
Emil Nolde weilte 1946 mit seiner kränkelnden Frau Ada im Sanatorium „Goldene Schlüssel“ und malte hier über 30 kleine Aquarelle.
Kunsterzieher am Gymnasium, darunter Peter Kleinschmidt, Gisela Kleinschmidt, Ursula Bein-Costard, Heinrich Kuhn, Hansjürgen Krähe, Christiane Ewert, Bodo Wessels, Wolfgang Dahnke, Detlev Karsten, Inge Breuer, Gerd Uschkereit und natürlich der schon erwähnte Erich Duggen malten in St. Peter-Ording und einige wurden landesweit bekannt.
Später malten in St. Peter Ingeborg Danielsen im „Haus an der Sonne“, Hans Olde aus München 1946 und 1950, Julia Ehlers ab 1954 und Hubert Meiforth ab 1962.
Im Saal der ev. Kirchengemeinde (damals gegenüber der heutigen Bücherei) fanden Ausstellungen „Gemalt in St. Peter“ statt. Künstlerstammtische gab es aber nicht mehr. [2]
Als ich 1969 nach St. Peter-Ording kam, vermittelte sich mir nicht der Eindruck eines lebhaften künstlerischen Lebens in diesem seit der Zusammenlegung 1967 von St. Peter und Ording sich damals im Umbruch und Aufbruch befindlichen Fremdenverkehrsort. Das kulturelle Leben im Ort wurde wie in vielen Orten an der Westküste bestimmt durch die traditionellen Vereine, zum Beispiel die Boßelvereine, der Männergesangsverein (hier von 1865) und deren Jahresfeste. Künstler machten in der Öffentlichkeit nicht besonders auf sich aufmerksam. Es gab aber einige, die im Ort lebten oder ausstellten, zum Beispiel J.P. Cluzeau, Dorothea Chazal, Groß Freytag, Dieter Staacken, um nur ein paar zu nennen, aber nur in wenigen Geschäften wurden Kunstwerke von einheimischen Künstlern angeboten.
Erst Mitte der 1980iger Jahre änderte sich das. 1986 siedelte sich der damals schon bekannte Künstler Erhard Schiel (Radierungen, Telecom-Telefonkarten) in St. Peter an, Werkstatt 1986 und Galerie 1988. Zu seinem 60. Geburtstag 2003 gab es unter reger Teilnahme von Gästen und Einheimischen eine große Ausstellung in der Utholm-Halle mit etwa 160 seiner Werke. Hervorzuheben sind auch seine drei erfolgreichen Einzelausstellungen in den Jahren 1993, 2003 und 2012 im Schloss Mainau. Viele seiner Bilder hängen in den Häusern des Ortes, im alten Rathaus und der Dünentherme.
Von 1988 bis 1997 fand jedes Jahr im neuen ev. Gemeindehaus eine Ausstellung Kunst, Kunstgewerbe statt, die 1996 und 97 zum Kultur-Mosaik mit Vorträgen, Fahrten, Führungen, Musikalische Leckerbissen und weiteren Ausstellungen ausgeweitet wurde. Über 100 Kunstschaffende beteiligten sich im Laufe der Jahre daran.
In den Jahren darauf initiierte man sogenannte Kulturnächte, wo sich auch einzelne Künstler vorstellten.
Weitere Künstler, nicht nur Maler, kamen nach St. Peter-Ording und Eiderstedt. Der Schriftsteller und Lehrer Werner Klose, damals tätig am Gymnasium, wurde 1974 mit dem Eichendorff-Literaturpreis ausgezeichnet.
Erwähnenswert ist der bis heute unermüdliche Einsatz von Kirchenmusikdirektor Christoph Jensen. Er war nicht nur „Motor“ für die neue Orgel, sondern seine Konzertreihen in der Kirche St. Peter sind ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Kulturszene in St. Peter-Ording.
Durch die AG-Ortschronik, von Claus Heitmann initiiert und über 30 Jahre erfolgreich geleitet, sind Personen, Vereine und Begebenheiten aus dem Kulturleben wieder ins Bewusstsein des Ortes gehoben worden. So entstand folgerichtig der bisher einzige Brunnen „Jan und Gret“ im Ort. Der Verein KulturTreff hat sich des Museums der Landschaft Eiderstedt angenommen.
Über 50 Künstler aus den Bereichen Malerei, Graphik, Skulptur, Fotografie, Literatur, Objekte, Buchkunst, Weberei und Keramik leben und arbeiten in Eiderstedt. Viele haben sich im „Kunstklima“ in Garding zusammengeschlossen. Der in den letzten Jahren gegründete Verein „Kispo“, Kunst in St. Peter-Ording, führt Ausstellungen im Sommer in der Strandkorbhalle Hungerhamm durch. Im Kultur-Portal St. Peter-Ording sind Adressen der Künstler aus St. Peter-Ording aufgeführt.
1984 begann Eckardt Kloth im Auftrag der Gemeinde Bilder für eine Gemeindegalerie einzuwerben. Mit Erich Duggen und später Hansjürgen Krähe, ebenfalls Kunsterzieher am Gymnasium, gelang es ihm einige der hier angesprochenen Künstler aufzusuchen und sie zur Hergabe einiger ihrer hier gemalten Bilder zu bewegen. Viel Geld hatte er dafür seitens der Gemeinde nicht zur Verfügung, aber seine Liebe zur Malerei und seine Überzeugungskraft führten auch dazu, dass inzwischen eine beachtliche Zahl von Bildern, ca. 1500 von über 50 Künstlern, ein großer Teil davon als Schenkung, sich heute im Besitz der Gemeinde befindet.
In St. Peter-Ording gab es bis 2017 allerdings keinen Ausstellungsort für die vielen Künstler am Ort, es gab auch kein Gebäude für die Gemeindegalerie.
Wie sagte es Erich Duggen 1977: “Bei der Planung für den weiteren Ausbau der Kureinrichtungen sollten die Verantwortlichen berücksichtigen, dass hier ein aufblühender Zweig kulturellen Lebens mehr Zuwendung und Raum mit Stellwänden benötigt als bisher.“ [3]
Anmerkungen:
1 Von hier an ist es eine Zusammenfassung aus den Büchern 1, 2, 3, 7, 8, 10, 12, 13, 15
2 Hier endet die Zusammenfassung
3 Aus Buch 2, S. 70
Literatur
Georg Panskus
Gorch-Fock-Weg 24
25826 St. Peter-Ording
Herausgeber des JAHRBUCH St. Peter-Ording in www.jb-spo.de